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Beschluss #50189

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Antrag: Eigenen Balken bei ARD-Wahlumfragen einklagen?

Von Gabriele Biwanke-Wenzel vor etwa 5 Jahren hinzugefügt. Vor fast 5 Jahren aktualisiert.

Status:
Abgelehnt
Priorität:
Normal
Zugewiesen an:
Bundesvorstand
Abgabedatum:
Beschlussart:
Sitzungsbeschluss
Antragseingang:
13 April 2019
Antragsteller:
Patrick Breyer
Sitzungsdatum:
18 April 2019
Umsetzungsverantwortlich:
Bundesvorstand
Abstimmung Sebastian:
Nein
Abstimmung Dennis:
Nein
Abstimmung Bernd:
Nein
Abstimmung Petra:
Nein
Abstimmung Detlef:
Ja
Abstimmung Daniel:
Ja
Abstimmung Sascha:
Nein
Abstimmung Borys:
Nein

Beschreibung

Liebe Vorstandsmitglieder,

ich bitte euch um Entscheidung, ob die Piratenpartei einen eigenen
Balken bei den ARD-Umfragen zur Europawahl („Europatrend“) einklagen sollte.

Jede Partei kann vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk verlangen, im
Wahlkampf gleich behandelt zu werden. Deswegen könnten wir mit Aussicht
auf Erfolg gegen die bisherige Praxis klagen, Parteien mit Umfragewerten
bis 3% nur zusammengefasst als „Sonstige“ auszuweisen. Es gibt noch
keine Gerichtsentscheidungen dazu, aber es ist allgemein geklärt, dass
kleine Parteien vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Wahlkampf
allenfalls aus „zwingenden Gründen“ anders behandelt werden dürfen. Das
Bundesverfassungsgericht hat schon entschieden, dass es keine „zwingende
Gründe“ für eine 3%-Sperrklausel zur Europawahl gibt; dasselbe muss für
Umfrageergebnisse gelten.

Die Klage würde sich gegen den RBB richten, weil der innerhalb der ARD
für die Europawahl zuständig ist. Zuständig wäre das Verwaltungsgericht
Berlin, das eher fortschrittlich entscheidet. Wir würden beantragen,
dass unser Wert in Umfrageergebnissen auszuweisen ist, wenn er
aussichtsreich ist (ab rund 1%).

Nach mehreren freundlichen Schreiben von uns hat es der RBB letzte Woche
leider endgültig abgelehnt, die Umfrageergebnisse kleiner Parteien
auszuweisen. Persönliche Gespräche bzw. Telefonate werden verweigert, so
dass nur noch der Rechtsweg bleibt.

Wir könnten innerhalb von vielleicht 1-2 Wochen eine einstweilige
Verfügung vom Verwaltungsgericht bekommen, die den RBB einstweilen zur
Ausweisung der Umfrageergebnisse kleiner Parteien verpflichtet. Dadurch
bekämen wir in den letzten Umfragen vor der Europawahl (erfahrungsgemäß
wird die letzte Umfrage 1-2 Wochen vor der Wahl veröffentlicht) einen
eigenen Balken.

Ich biete an, die Kosten des Verfahrens in erster Instanz der Partei zu
spenden und den Schriftverkehr (Klageschrift usw.) vor dem
Verwaltungsgericht zu entwerfen (wir brauchen da keinen Anwalt).

Die Argumente des RBB gegen eine vollständige Ausweisung der Ergebnisse
sind nicht „zwingend“, wie es die Gerichte verlangen:

  • Die statistische Schwankungsbreite der Umfrageergebnisse ist bei kleinen Parteien geringer als bei großen Parteien, nicht größer. Die Ergebnisse sind also nicht unsicherer als bei großen Parteien.
  • Um den Zuschauern die Unsicherheit in der Darstellung grafisch deutlich zu machen, könnte der RBB den Unschärfebereich farblich abstufen, wie es z.B. Zeit Online bereits tut.
  • Eine präzisere Darstellung der Ergebnisse wäre möglich, wenn der RBB nicht mehr auf ganze Prozentwerte runden würde, sondern auf 0,5% genau (wie INSA) oder die erste Nachkommastelle präzise ausweisen würde (wie in 26 anderen EU-Ländern üblich).
  • Die statistische Schwankungsbreite ließe sich halbieren, indem statt nur 1.000 Personen (InfratestDimap bisher) 4.000 Personen befragt würden (wie von INSA). Die Mehrkosten dafür lägen im vierstelligen Bereich, was einem Sender mit Milliardenbudget ohne weiteres zumutbar ist.
  • Wenn man ein Umfrageergebnis von 0,5% trotz allem als zu unsicher ansehen wollte, müsste man jedenfalls Parteien ab einem Wert von 1% ausweisen, weil diese auch unter Berücksichtigung der Schwankungsbreite einziehen würden (das sollten wir vor Gericht hilfsweise beantragen, falls eine Ausweisung ab 0,5% nicht akzeptiert wird). Der bisherige Mindestwert von 3% ist willkürlich gewählt und nicht zu begründen.

Die Angst davor, der RBB könnte aus „Rache“ nicht mehr über uns
berichten, sollte uns meines Erachtens nicht davon abhalten:

  • Der RBB wird uns auch ohne Klage weitgehend ignorieren. Weniger als nichts kann nicht berichtet werden.
  • In den öffentlich-rechtlichen Sendern sind Justiziariat und Redaktionen getrennt. Für die Redaktionen wäre es unprofessionell, sich in ihrer Berichterstattung von einem Urteil gegen den Sender beeinflussen zu lassen. Den Journalisten selbst schadet mehr Transparenz nicht.
  • In der Vergangenheit hat z.B. die FDP erstritten, dass auch kleine Parteien Wahlwerbespots im öffentlich-rechtlichen Rundfunk senden dürfen. Das hat der Berichterstattung über die FDP ersichtlich nicht geschadet.
  • Umgekehrt könnte es uns bei Journalisten und Redaktionen Respekt verschaffen, wenn wir transparente Umfrageergebnisse einklagen. Sie könnten uns dadurch ernster nehmen und im besten Fall sogar mehr berichten als bisher.

Vollständige Umfrageergebnisse in der ARD würden sich für uns lohnen:

  • Die Zuschauer der Nachrichtensendungen mit riesiger Reichweite
    erfahren, dass es uns noch gibt und dass wir Aussicht auf Einzug haben,
    Stimmen für uns also nicht „verschenkt“ sind. Das erhöht unsere
    Wahlaussichten (und Parteienfinanzierung). Da INSA uns in drei
    Wahlumfragen (je 4.000 Befragte) mit 1,0% gemessen hat, können wir damit
    rechnen, auch im ARD-Programm mit 1% und als aussichtsreich ausgewiesen
    zu werden.

  • Viele Zuschauer werden bei Ausweisung kleiner Parteien erstmals
    überhaupt realisieren, dass für die Europawahl keine Sperrklausel gilt
    und sie keine Angst vor „verlorenen Stimmen“ haben müssen.

  • Zuschauer, die mit den etablierten Parteien unzufrieden sind, sehen im
    Umfrageergebnis erstmals andere Alternativen als AfD zu wählen oder
    nicht zur Wahl zu gehen. So bekämpfen wir effektiv Nationalismus und
    politische Apathie. Das stärkt die Demokratie.

  • Vollständige Umfrageergebnisse stärken auch andere kleine Parteien,
    die im EU-Parlament gegen Uploadfilter gestimmt haben (z.B. die PARTEI,
    Freie Wähler). So nehmen wir den Feinden des freien Internets (CDU, SPD)
    Wählerstimmen weg.

  • Vollständige Umfrageergebnisse schaffen Transparenz, eine
    Kernforderung von uns.

Den bisherigen Mailverkehr im Volltext findet ihr hier:
https://daten-speicherung.de/owncloud/index.php/s/GEDUFXHvpkYKQeK

Wenn jemand von euch noch Nachfragen hat, fragt mich jederzeit gerne. Es
wäre gut, wenn ihr in den nächsten Tagen entscheiden könntet. Der
Wahlausgang wird knapp, und wir könnten Rückenwind gebrauchen.

Danke und beste Grüße
Patrick

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